Regionale Auswirkungen der EZB-Politik – Ein Vortrag von Karl-Heinz Dielmann

eingestellt von Simone Höhn am 11. Dezember 2017

Am Donnerstag, den 23.11.2017 hielt unser Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Dielmann einen Vortrag im Audimax der TU Kaiserslautern. Das Thema des Abends war die EZB-Politik und deren Auswirkungen auf eine regionale Sparkasse, deren Kunden und schließlich den kompletten Wirtschaftsstandort. Der Vortrag der Reihe „CampusKultur“ war ehrlich, selbstkritisch, mitreißend und dadurch vor allem aufschlussreich.

Zunächst wurde auf das Geld an sich eingegangen. Dieses werde nur akzeptiert, wenn Vertrauen in die aktuelle Währung und Wirtschaft bestünde. Karl-Heinz Dielmann machte bereits zu Beginn deutlich, wie wichtig Vertrauen in unserem Wirtschaftskreislauf ist. Danach folgte eine Aufarbeitung der Finanzkrise 2008.

 

Was passierte bei der Finanzkrise 2008?

Es gab einen Banken-Crash. Einige Banken wurden staatlich gestützt, andere verschwanden sogar komplett vom Markt. Beispiele dafür sind Lehmann Brothers, Northern Rock, Hypo Real Estate oder diverse Landesbanken. Auch die Rheinland-Pfalz Bank schloss sich beispielsweise mit der LBBW zusammen. In Folge dieses Crashs drohte der gesamten Weltwirtschaft ein Kollaps.

Die Ursprünge dieser problematischen Situation gehen bis zur Gründung des Europäischen Wirtschafts- und Währungsraumes zurück, denn einige Staaten erfüllten die Konvergenz- bzw. Maastricht-Kriterien nicht oder nur geschönt auf dem Papier.

2008 war eigentlich ein tolles Jahr – Die Wirtschaft wuchs durch Faktoren wie Globalisierung etc. Dann kam jedoch die Subprime Krise. Kunden in den USA konnten sich ihre Immobilien eigentlich nicht leisten. Dennoch wurden Kredite an diese vergeben. Diese („faulen“) Kredite wurden in spezielle Wertpapiere verpackt und an deutsche Banken und Sparkassen verkauft. Kreditinstitute legen ein Teil ihres Vermögens als Assets, auch in Risikopapieren, an.

Da nach und nach die Kredite ausfielen, wurden auch diese Papiere notleidend und mussten abgeschrieben werden. Diese Anlagen wurden „ABS“ genannt – „asset backed securities“. Diese schlechten Subprime Kreditpakete wurden schießlich mit Namen wie „Schwarzwald 1“ betitelt, um ein positives Bild zu generieren.

Dielmann erläuterte weiter, dass jeder Banker, der nicht in diese ABS investierte damals als naiv galt. ABS hatten die Stellung eines Kreditersatzgeschäfts. Sie versprachen hohe Renditen bei niedrigen Risiken. Dieses Kreditersatzgeschäft wurde auch von diversen deutschen Landesbanken in beinahe dreistelliger Millardenhöhe gezeichnet.

 

Hatte die Stadtsparkasse auch in ABS investiert?

Is- und Irländische Banken hatten am meisten unter den Abschreibungen der ABS zu leiden. Doch auch die Stadtsparkasse Kaiserslautern hatte Geld in diese Wertpapiere investiert. Warum auch nicht? Das Rating von AAA indizierte eine hervorragende Bonität. Schließlich wurde der Handel mit ABS ausgesetzt – es gab keinen Kurs mehr. Die Stadtsparkasse veräußerte dann diese Anlagen in zwei Tranchen. Es war ein Glücksfall, schnell gehandelt zu haben – die Zinsgewinne konnten den Kursverlust kompensieren. Durch die Vorsicht wurden also größere Verluste verhindert, denn die Papiere verzeichneten danach erhebliche Kurseinbrüche.

Infolge dessen brach die Weltkonjunktur ein und die Arbeitslosigkeit stieg. In der Spitze gab es in Ländern wie Spanien 50-70% Jugendarbeitslosigkeit. Außerdem herrschte Deflation. Da in einer solchen Phase die Preise sinken, warten Investoren und Konsumenten bis zum vermeintlich niedrigsten Preis. Dadurch wird die Wirtschaft weiterhin geschädigt, da weniger konsumiert und investiert wird. Banken aus Staaten mit schlechten Konvergenzkriterien hatten Probleme, da der Staat diese nicht stützen konnte. Die Gründung einer Transferunion oder Eurobonds wurden (bisher) abgelehnt. Dadurch könnten sich Länder wie Griechenland günstig refinanzieren – zu Lasten anderer EU-Staaten.

Die Hauptaufgabe der Europäische Zentralbank (EZB) ist u.a. die Erhaltung der Preisstabilität. Dies wird mit dem Ziel definiert, eine Inflationsrate von zwei Prozent zu erreichen. Die EZB musste also Wege aus der Deflation finden. Dies hat sie erfolgreich geschafft, indem sie die Märkte mit Geld flutete (u.a. durch Zinssatzsenkung) und die Sicherheitsrahmen für Banken teilweise lockerte.  Des Weiteren kaufte sie Staats- und Unternehmensanleihen, in der Spitze mit bis zu 80 Milliarden Euro pro Monat.

Die Auswirkungen einer Nullzinspolitik auf die Wirtschaft sind zunächst sehr positiv. Die Nachfrage nach Immobilien und Krediten steigt, durch den erhöhten Neubau von Immobilien sinkt die Arbeitslosigkeit, dadurch steigt der Konsum abermals und die Inflation steigt. Derzeit beträgt die Inflation ca. 1,8-2 % – dennoch kann die EZB die Politik aus Vorsicht nicht ruckartig ändern.

 

Die Auswirkungen der Krise auf die Stadtsparkasse Kaiserslautern

  1. Zunächst mussten Zahlungen für angeschlagene Landesbanken geleistet werden, da die Sparkassen ein eigenes Sicherungssystem haben, indem Institute für andere im Ernstfall aufkommen.
  2. Die Folgen der Abschreibungen der ABS wurden bereits erläutert.
  3. Die Krise ging mit einem enormen Vertrauensverlust der Bankkunden einher. Dies traf auch die lokale Stadtsparkasse in Form von unangenehmen Fragen und Zweifeln seitens der Kundschaft. Fragen wie: „Ist mein Geld bei euch sicher?“ verdeutlichten dies.
  4. Das aktuelle Zinstief sorgt dafür, dass die Zinsmarge wesentlich schrumpft. Eine Baufinanzierung aus dem Jahr 2007 mit einem beispielhaften Zins von 4,50%, wird heute in etwa zu 1,50% prolongiert. Ein Drittel des ursprünglichen Zinssatzes! Auf der anderen Seite stellt die EZB zwar günstiges Geld zur Verfügung – allerdings nicht für zehn Jahre! Diese 0%-Gelder sind täglich fällig und können sich somit auch täglich verteuern.

Diese Auswirkungen setzen Banken und Sparkassen unter Druck – daher muss an der Kostenstruktur gearbeitet werden. Dies bringt Filialschließungen, Einstellungsstopps, Gebührenerhöhungen und dadurch Kundenbeschwerden mit sich.

Man könne nun sagen, „naja dann ist der Gewinn der Bank eben kleiner, was solls!“

Der Haken an dieser Situation ist allerdings die steigende Regulatorik. Als Folge der Finanzkrise sind höhere Eigenkapitalquoten vorgeschrieben. Kommunen, sowie Großbanken sind hoch verschuldet – daher muss der Jahresgewinn zur Bildung von Eigenkapital genutzt werden. Dieses wiederum muss wachsen, damit die Stadtsparkasse weiterhin Dispo-, Gewerbe-, Immobilien- und Autokredite vergeben kann.

 

Auswirkungen auf Sparkassenkunden

Es gibt selbstverständlich Gewinner und Verlierer.

Zu den Gewinnern der Krise gehören zum einen Kunden, die keine ABS oder andere Wertpapiere im Depot hatten, die im Zuge der Krise einen Totalverlust erlitten. Zum anderen Handwerkerbetriebe durch die steigenden Preise und selbstverständlich Darlehensnehmer bzw. Immobilienkreditnehmer. Diese müssen jedoch nachhaltig gute Objekte finden, da sich in den Ballungszentren in Deutschland leichte Tendenzen zur Immobilienblasenbildung zeigen. Durch diese Politik des günstigen Geldes sind Städte wie z.B. München am meisten gefährdet. Wenn man dort Immobilienbesitz hat, ist dies eine sehr angenehme Situation. Jetzt allerdings dort zu investieren ist aufgrund des Preisniveaus sorgfältig zu prüfen.

Zu den Verlierern dieser Zinspolitik gehören die Sparer. Aus hohen Anlagerenditen wurden Renditen, die gegen Null tendieren. Aber auch junge Menschen, deren Möglichkeiten zur Altersvorsorge geringer werden, zählen zu dieser Gruppe.

Durch eine Inflation von knapp zwei Prozent und einer Sparrendite von beinahe Null wird deutlich, dass Sparer diese Politik bezahlen. Es gibt beinahe ausschließlich Aktien, Fonds oder Edelmetalle als Ausweg – diese sind jedoch Risikoträger und nicht jeder Anleger ist dafür geeignet. Wenn Sparer ohne Eignung in Risikoassets investieren, können weitere Probleme entstehen. Generell lässt sich aber festhalten, dass ein höherer Zins nur mit Aufnahme von Risiken einhergeht!

Auch die Einführung von Negativzinsen auf Großeinlagen wird aktuell diskutiert. Die Stadtsparkasse zahlt aktuell bis zu 0,57% Strafzinsen für freie Liquidität an die EZB. Großkunden würden so in andere Anlageformen gedrängt.

 

Wie geht es weiter?

Ein Ende der Nullzinspolitik sieht Karl-Heinz Dielmann noch nicht. Seine Prognose für die Entwicklung des Zinsniveaus ist, dass dieses bis 2019/2020 moderat steigen könne. Gründe dafür seien, dass das Konjunkturwachstum weltweit, insbesondere in China, weniger hoch sei, als prognostiziert. Außerdem bestünden auch die Krisenherde weltweit weiterhin. Die derzeit angespannte weltpolitische Situation mit ihren Akteuren berge Risiken für Derivate bzw. deren Kurse. Staaten müssten erst bessere Strukturen schaffen und mehr Kompetenzen nach Brüssel übertragen, um reaktionsfähig zu sein. Dies stehe allerdings im Konflikt mit diversen Wählerinteressen.    

 

Fazit

Als Resumé betonte Dielmann, dass das schnelle Eigreifen der Politik sehr wichtig war. Als 2008 Merkel und Steinbrück den deutschen Sparern zusagten, dass deren Einlagen sicher seien wurde damit das Vertrauen in die deutschen Banken gewahrt. Die EZB reagiert aufgrund ihrer Struktur vergleichsweise langsam und Krisenszenarien verlangen eine schnelle Lösung. Es hätte seiner Einschätzung nach nicht viel anders oder gar besser gemacht werden können. Diese Ereignisse führten schließlich zur heutigen EZB-Politik, welche langsam aber eine andere Richtung einschlagen solle.

 

Der Vortragsabend war Teil einer Veranstaltungsreihe von CampusKultur zum Thema Europa. CampusKultur ist eine zentrale Einrichtung der TU Kaiserslautern, die sich Kunst, Kultur und Zeitgeist widmet.

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